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Aufgrund des vorgegebenen Zeitkorsetts möchte ich anhand ausgewählter audiovisueller Ausschnitte die konzeptuellen Hintergründe und ästhetischen Schwerpunkte meiner (musiktheatralischen) Arbeit skizzieren. Um ein Bild aus der Botanik zu verwenden: ich sehe die einzelnen Werke als konzeptuelle ‚Ableger‘ derselben grundsätzlichen Themen, die meine künstlerische Auseinandersetzung ausmachen. Wie die Verzweigungen der Hauswurz, als Metapher für inhaltliche Vernetzungen.
In meinen Werken geht es um multidimensionale, andersweltlich-anmutende transzendentale Räume, die ich in musiktheatralischen Entwürfen immer wieder neu zu schaffen versuche. Dabei liegt jedem Werk eine spezifische Geschichte zugrunde, um Realitäten, Gefühle und Ideen zum Leben zu erwecken. Die jeweiligen Konzeptionen fungieren dabei als eine Art Brücke, über die das Immaterielle ins Wahrnehmbare überführt wird und auch als Refugium, in dem das Ersehnte zur Wirklichkeit wird.
Raum, Zeit, Klang, Bilder, Licht, Stille … In meiner Wahrnehmung sind dies gleichwertige Komponenten in einem übergeordneten Begriffssystem. Erst durch die streng kalkulierten zeitlichen und räumlichen Verflechtungen dieser Elemente innerhalb des kompositorischen Rahmenkonzepts offenbart sich, so hoffe ich, die tiefere Bedeutung meiner Musik. Ein atmendes, organisches Klangwesen soll entstehen, das in seiner eigenen Zeit existiert und in sich selbst ruht.
Die zugrunde liegenden thematischen Schwerpunkte betreffen meine persönlichen Erfahrungen des Krieges und der Flucht, und die damit zusammenhängende Sehnsucht nach einer gerechten, somit auch gleichberechtigten, solidarischen Welt.
Die Tatsache, dass all unser (Un-)Wissen, unsere Emotionen und Sehnsüchte in Erfahrungen wurzeln, die ausschließlich dieser Einen uns gegebenen Welt entstammen, hat auf mich seit jeher eine magische Faszination ausgeübt. Dies ist wohl auch der Grund für meine Begeisterung für die Weltraumforschung. Ich versuche, mir andere (mögliche) Welten vorzustellen und die Empfindungen und Gedanken, die sie in mir auslösen, zu verbildlichen und zu verklanglichen.
Die unendliche Vielfalt des Seins, das Morgen, das Unvorhersehbare, das Ungeschehene und die Suche nach Antworten auf Fragen, auf die es keine Antworten gibt bzw. geben kann – dies sind die prägenden Grundbegriffe meines kompositorischen Zugangs.
Belma Bešlić-Gál / Wien, 21. September 2023