Belma Bešlić-Gál | 1978 [Tuzla, SFR Jugoslawien]
Belma Bešlić-Gál @mudstudiovienna [04/2023]
Fashion: Goran Bugarić | Photography: Svetlana Gazić | Hair and Make up: Ana Jakšić, Ieva Gun @mudstudiovienna © 2023
BIOGRAFIE
Belma Bešlić-Gál // Geboren 1978 in der Industriestadt Tuzla, Bosnien und Herzegowina, Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien, ist eine Komponistin, Pianistin, Kuratorin und Künstlerin aus Wien, Österreich. Ihr musikalisches Oeuvre umfasst Musiktheater-, Orchester- und kammermusikalische Werke, mit Querbezügen zur Installationskunst, Medienkunst und Literatur. Seit 2011 ist sie Ko-Kuratorin des Transdisziplinären Festivals für Musik und Klangkunst shut up and listen! in Wien.
Bešlić-Gál begann ihr Klavierstudium im Alter von sechs Jahren in der Klasse von Prof. Planinka Jurišić-Atić in Tuzla. Bereits in jungen Jahren gewann sie Spitzenpreise auf nationaler und internationaler Ebene und trat in zahlreichen Radio- und Fernsehsendungen auf. Der Zerfall Jugoslawiens, das dreizehnmonatige Erleben eines Krieges samt Belagerung ihrer Heimatstadt Tuzla sowie der darauffolgenden Flucht und des Duldung-Status der Familie in Deutschland zählen zu den prägendsten Erfahrungen ihres Lebens und beeinflussten nicht nur ihre künstlerischen Konzeptionen, sondern ihr grundsätzliches Verständnis der conditio humana per se.
Die konzeptionelle Grundlage ihrer Arbeit ist die intensive Beschäftigung mit dem Phänomen der musikalischen Raum-Zeit. Durch die Kombination von Musikinstrumenten, Licht und skulpturalen Elementen sowie architektonischen Konzepten und audiovisuellen Projektionen sucht sie nach Wegen, das gängige [musikalische] Raum-Zeit-Empfinden außer Kraft zu setzen und irisierende ‚Klangorganismen‘ zu schaffen, welche fernab formaler Strukturen ihren eigenen Gesetzen der kontinuierlichen Veränderungen folgen (Weberberger, 2019). Weitere Schwerpunkte ihrer transdisziplinären Herangehensweise an die vielfältigen Erscheinungsformen der zeitgenössischen Komposition sind die Integration existenzialistischer und futuristischer Ideen und Konzepte, der Einfluss der Mikrogravitation und der Weltraumforschung auf die hypothetische (außerirdische) Kunst von morgen sowie die destruktiven Auswirkungen von Reaktionismus und Nationalismus auf die (postjugoslawische) Kunst, Kultur und Gesellschaft im Allgemeinen.
INFO
RADIO PORTRAITS* Ö1 Zeit-Ton Porträt. Belma Beslic-Gál // Atelier für Neue Musik: Belma Beslic – Gál_Radio Feature, Part I // Atelier für Neue Musik: Belma Beslic – Gál_Radio Feature, Part II // Vom Nichts – Porträt Belma Bešlić-Gál | 09/03/2013_23:05 h | hr2-kultur, „The Artist’s Corner“ | Gestaltung: Stefan Fricke // Ö1 Zeit-Ton // Querschnitte – Porträt Belma Bešlić-Gál | 01/03/2015 | RAI Südtirol | Gestaltung: Manuela Kerer // Ö1 Zeit-Ton | Styriarte 2015 – Gli Scherzi // Ö1 Zeit-Ton: Zeit-Ton extended // Ö1 Zeit-Ton: styriarte 2016. Große Töchter // Ö1 Zeit-Ton: IGNM @ prattica E: Elektronik und … (Teil 2)
Über die Faszination des Unerreichbaren
Die Faszination der Weite, des Unerreichbaren und des Sphärischen schwingen in den Kompositionen von Belma Bešlić-Gál mit, wenn sie langsam aus dem Nichts hervortretende, irisierende „Klangorganismen“ schafft. Die zu homogenen Klängen verschmelzenden Einzelteile folgen fernab formaler Strukturen ihren eigenen Gesetzen der kontinuierlichen Veränderungen und setzen mit ihrem weder beginnen noch enden wollenden Verlauf das gängige Zeitempfinden außer Kraft. In diesen jenseits der alltäglichen Wahrnehmung liegenden Inspirations-quellen und den daraus geformten neuen Welten findet sich auch Kritik an vorherrschenden Umständen, etwa jene an den Nachkriegsgesellschaften des West-balkans; Ihre früh gestartete Laufbahn als Pianistin stärkte zudem ihre „Abneigung gegen das Konzert-Establishment und die etablierte Aufführungspraxis“. Mit inter-disziplinären Werken, die die in der Musik ausgedrückten Vorstellungen des bisher Ungehörten verstärkten, kämpft sie mit subtilen Klangwelten gegen diese Konven-tionen an.
Doris Weberberger
http://www.musicaustria.at/magazin/artikel-berichte/belma-beslic-gal
Über die Faszination des Unerreichbaren
SPACE=WOW (BUT I STILL MISS YOU, EARTH), uraufgeführt am 16. Mai 2017 im KULTUM, Kulturzentrum bei den Minoriten Graz, ist eine Auftragsarbeit an den österreichischen Literaten Christoph Szalay (*1987). Gemeinsam entwickelten die KünstlerInnen ein filigranes Gewebe aus Text und Klang, das die für das Jahr 2035 geplante Mars-Mission als Ausgangspunkt für die Auseinandersetzung mit dem Planeten Erde und dessen BewohnerInnen wählt. Der Aufführungsraum wird zu einem surrealen Ort, an dem sich die Hierarchie des Ensembles auflöst und Instrumentalisten, Dirigent und Sänger als gleichberechtigte Teilnehmer durch die Raum-Zeit reisen. Klangquellen aller Art sind versteckt und gehen eine Symbiose mit dem Raum und den anwesenden Körpern, mit Sprache und Licht ein. So entsteht eine organische Einheit von Klangraum, Dunkelheit und Sein, die Fragen aufwirft und zum Nachdenken anregt.
Elfriede Reissig, Composing Women | ‘Femininity’ and Views on Cultures, Gender and Music of Southeastern Europe since 1918, Vienna: Hollitzer Wissenschaftsverlag, 2022, S. 70.
https://www.hollitzer.at/buch/composing-women
Archiv Frau und Musik gibt bekannt: Belma Beslic-Gál ist Composer in Residence 2011
Die Verwendung unterschiedlicher Medien und deren Neuzusammensetzung in Musikkompositionen sind die Merkmale der slowenisch-bosnischen Musikerin und Komponistin. Im Rahmen der Internationalen Musikmesse in Frankfurt wurde sie für ihre Leistungen am 7. April durch den Internationalen Arbeitskreis Frau und Musik e.V. ausgezeichnet. […] Eine fachkundige Jury, bestehend aus Dr. Julia Cloot (Institut für zeitgenössische Musik an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt), Susanne Erding-Swiridoff (Komponistin), Stefan Fricke (Hessischer Rundfunk), Nina Janßen (Ensemble Modern) und Dr. Cornelia Preissinger (Vorstand Internationaler Arbeitskreis Frau und Musik e. V.), entschied sich nach genauer Prüfung der 80 Einsendungen internationaler Komponistinnen für Belma Beslic-Gál. […] Die Titel von Belma Beslic-Gáls Werken, wie zum Beispiel „A search for timedistortion“ oder „Nihil fit sine causa“ lassen erkennen, mit welchen Themen sich die Komponistin in den letzten Jahren intensiv auseinander setzte. So beschäftigte sich die Stipendiatin in ihren intermedialen Musikkonstellationen unter anderem mit Futurismus, Nihilismus, der Weltraumforschung und der Manipulation von Zeitwahrnehmung. Ihre kreativen und vielschichtigen Wettbewerbsbeiträge mit Zukunftspotential gaben dabei den Ausschlag für die Entscheidung der Jury, sie als „Composer in Residence“ nach Frankfurt einzuladen. […]
Archiv frau und Musik | Aviva-Berlin